In wenigen Stunden eine täuschend echte Kopie eines Menschen zu erschaffen – das ist heute mithilfe eines kurzen Videos und moderner KI-Software möglich. Was wie Science-Fiction klingt, ist längst Realität: KI-Tools verwandeln ein zweiminütiges Video einer Person in ein digitales Abbild, das wie ein echter Mensch aussieht und dieses verhält sich auch so. Da viele Menschen regelmäßig Videos von sich auf Social Media posten, wird es zudem immer einfacher, solche Avatare, ohne ihr Wissen zu erstellen und potenziell zu missbrauchen. Dieser Text zeigt die faszinierenden Möglichkeiten und Risiken einer Welt, in der digitale Abbilder realer Menschen zum Alltag gehören könnten.
Die Bedeutung von KI-erstellten Menschen
Das Erstellen von Personen mit KI bezieht sich auf den Einsatz von KI-Technologien, um digitale oder virtuelle Abbilder von Menschen zu erschaffen. Das kann durch die Simulation von menschlichem Aussehen, Verhalten, Sprache oder Entscheidungsprozessen geschehen. KI-generierte Personen können in verschiedenen Bereichen und Branchen genutzt werden, etwa in der Filmindustrie, im Marketing, in Videospielen oder für virtuelle Assistenten. Solche KI-Modelle kopieren menschliche Eigenschaften, ohne tatsächlich lebende Personen zu sein, und basieren auf Daten und Algorithmen, um menschenähnliche Interaktionen zu ermöglichen.
Ein Beispiel für einen KI-generierten Menschen, ist „Lil Miquela“. Es ist ein digitaler Avatar und agiert als vollständig KI-generierte Figur auf sozialen Medien. Dabei wirkt sie wie eine echte Person, wird aber durch Algorithmen und Computergrafiken gesteuert.
KI-Generierten Menschen erstellen
Mit verschiedenen KI-basierten Plattformen und Tools lassen sich realistisch wirkende, virtuelle Abbilder von Menschen erstellen. Einige Tools, wie beispielsweise „Hedra“ oder „HeyGen“, ermöglichen die Erstellung eines Avatars bereits aus einem einzelnen Foto. Diese Ergebnisse sind jedoch oft leicht als künstlich generierte Abbilder zu erkennen und wirken auf den ersten Blick weniger authentisch. Für täuschend echte Darstellungen ist daher in der Regel ein etwa zweiminütiges Video der Person erforderlich, das verschiedene Gesten und Mimiken zeigt. Mithilfe dieses Videos kann die KI ein naturgetreues Abbild als Avatar erstellen, und dieser Prozess dauert heutzutage nur noch etwa drei bis vier Stunden.
Ein Beispiel für einen Avatar, der aus einem Foto erstellt wurde, ist der Radiosprecher unter diesem Link. Eine täuschend echte Version, die mithilfe eines Videos erstellt wurde, ist hingegen hier zu sehen. Beide Versionen wurden von Michael Winterberg, Visualization Developer bei G DATA CyberDefense, erstellt.
Virtuelle Patienten und digitale Betrüger
Die Nutzung KI-generierter Menschen bietet vielseitige Vorteile. In der Medizin ermöglichen virtuelle Patienten realistische Trainingsumgebungen, die medizinisches Personal schulen, ohne reale Patienten zu gefährden. Auch in der Mode- und Werbebranche schaffen digitale Avatare kreative Freiheit, indem sie flexible und effiziente Kampagnen unterstützen. Doch diese Technologie birgt erhebliche Risiken. Ein Vorfall in Hongkong im Februar 2024 verdeutlicht das Missbrauchspotenzial: Täuschend echt nachgebildete Avatare wurden von Betrügern in einer Videokonferenz verwendet, um sich als Unternehmensführung auszugeben. Ein Finanzmitarbeiter, überzeugt von der Echtheit seiner Gesprächspartner, überwies 23 Millionen Euro an die Kriminellen. Solche Deepfakes – manipulierte Video- oder Tonaufnahmen, die häufig prominenten Persönlichkeiten fälschlicherweise bestimmte Aussagen oder Handlungen zuschreiben – bergen erhebliche Risiken. Besonders bedenklich wird es, wenn solche Deepfakes von Politikern verbreitet werden, da sie im Extremfall sogar Konflikte provozieren könnten. Die nötige Technik für solche Fälschungen ist inzwischen erschwinglich und zugänglich, sodass selbst Smartphones einfache Deepfakes erstellen können. Die Einstiegshürden sinken, während die Qualität erschreckend realistisch wird, insbesondere bei Personen, von denen viel öffentliches Bild- und Tonmaterial vorhanden ist, wie Politiker oder Firmenchefs.
Dennoch gibt es Erkennungsmerkmale: Unscharfe Bildränder, minimale Verschiebungen von Gesichtsteilen bei Bewegungen, starre Haltung und abweichende Tonalität können Hinweise auf Deepfakes sein. Auch fehlende Reflexionen oder niedrige Auflösungen in Videos können Indizien für Manipulationen sein. Deepfakes werden zudem genutzt, um Einzelpersonen gezielt zu diffamieren. Ein Beispiel ist die Journalistin Rana Ayyub, die Opfer gefälschter pornografischer Videos wurde, was in Androhungen körperlicher Gewalt und dem Veröffentlichen ihrer personenbezogenen Daten (“Doxxing”) wie ihrer privaten Handynummer und anderen Informationen gipfelte. In einigen Ländern werden mittlerweile Gesetze diskutiert, die die Herstellung solcher manipulierten Inhalte unter Strafe stellen sollen.
Ethische Risiken und technologische Chancen von KI-generierten Menschen
Der Einsatz von KI-generierten Menschen bietet sowohl Chancen als auch Gefahren und wirft zahlreiche ethische Fragestellungen auf. Einer der größten Kritikpunkte ist die Unterscheidung zwischen Realität und Fiktion. Wenn virtuelle Identitäten täuschend echt erscheinen, wird es immer schwieriger, Manipulationen und Falschdarstellungen zu erkennen. Dies birgt besonders im Hinblick auf Deepfakes und gezielte Desinformation ein hohes Risiko. Gleichzeitig stellt sich die Frage, wem diese digitalen Abbilder gehören und wer die Verantwortung übernimmt, wenn sie missbraucht oder zu schädlichen Zwecken eingesetzt werden. Die Entwicklung bietet zwar technologische Fortschritte, doch sie bringt auch die Gefahr mit sich, dass echte menschliche Beziehungen – sei es in beruflichen oder sozialen Kontexten – an Bedeutung verlieren. Dies könnte zu einer Entmenschlichung führen, bei der virtuelle Avatare zunehmend Menschen in verschiedenen Bereichen ersetzen. Es ist daher essenziell, klare ethische und rechtliche Leitlinien zu schaffen, um Missbrauch zu verhindern und den menschlichen Faktor in der digitalen Welt zu bewahren. Wie Pascal Niedzwetzki, Media Designer Apprentice bei G DATA CyberDefense, feststellt, ist die Menschenerstellung durch KI ein zweischneidiges Schwert:
"Die Technologie bietet uns enorme Vorteile und unterstützt uns in vielerlei Hinsicht, doch zugleich birgt sie das Potenzial, Entwicklungen einzuleiten, denen die Menschheit eines Tages nicht mehr gewachsen sein könnte."
Die Zukunft der KI-generierten Menschen
KI-generierte Menschen werden immer realistischer und könnten bald in virtuellen Welten agieren, dank Fortschritten in Bildtechnologie und Virtual Reality. Sie könnten Aufgaben in Bereichen wie Kundenservice, Therapie oder Bildung übernehmen und als virtuelle Assistenten oder Freunde fungieren.
Fazit
Die rasante Entwicklung von KI-generierten Menschen eröffnet faszinierende Möglichkeiten, bringt jedoch auch erhebliche Herausforderungen mit sich. Auf der einen Seite können diese virtuellen Identitäten unser Leben in vielen Bereichen erleichtern – von der Medizin bis hin zu Unterhaltung und Bildung. Auf der anderen Seite bergen sie Risiken, wie Missbrauch, Manipulation und die Entfremdung in zwischenmenschlichen Beziehungen. Es liegt an uns, diese Technologien verantwortungsvoll zu nutzen und klare ethische sowie rechtliche Rahmenbedingungen zu schaffen, um sicherzustellen, dass der menschliche Faktor nicht in den Hintergrund rückt. Die Zukunft dieser Technologie ist spannend, sollte aber mit Vorsicht gestaltet werden.